Alles perfekt und stylisch?
Zero Waste ist etwas für Perfektionisten! - Wie oft habe ich das schon gehört!?!
Zero Waster zeigen in den sozialen Medien ihre durchgestylten, minimalistischen und absolut nachhaltigen Wohnungen, nennen es Lifestyle und es ist mittlerweile ein hipper Trend. Kritiker sagen gerne, dass Zero Waste nur so ein Lifestyle-Ding für Selbstdarsteller ist, die schick einkaufen gehen und auch so leben und das gleichzeitig nachhaltig nennen. Sie sonnen sich in ihrem "Gutmensch"-Dasein, aber warte: Gleich hat man ein Fizzelchen Müll gefunden, Plastik oder einen anderen Kritikpunkt und kaputt gemacht ist der eigentlich gute Gedanke: Müllvermeidung, Ressourcenschonung, eine Kreislaufwirtschaft.
Klar sieht man den "Zero Waste"- Lebenstil nur von der besten Seite im Netz! Aber wir wissen auch: Für ein Foto wird nur das Beste gezeigt. Alleine, um zu zeigen, dass es toll ist so zu leben. Der schicke Einkauf mit glänzenden Edelstahlbehältern, Gläsern ohne Fingerabdrücke und farblich aufeinander abgestimmte Taschen für das Gemüse kommt nun mal besser an als ein Wust von Lebensmitteln. Wenn man eine asslige Wohnung sieht - wer würde sich dann motiviert fühlen, das nachzumachen. Und darum geht es ja: Motivieren, um in die richtige Richtung zu gehen. Denn jeder kleine Schritt zählt.
Zero Wastern ist es bewusst, dass ein Kreislaufsystem (momentan noch) eine Utopie ist und einfach noch nicht zu 100% machbar. Aber das ist egal! Wir können versuchen dieser Utopie möglichst nahe zu kommen. Wie nahe man kommt, hängt von den eigenen Lebensumständen ab und darüber hat keiner zu werten. Und wenn es 60% sind, ist das doch klasse!
Also lohnt es sich die Mülldiät überhaupt anzufangen? Ja, es lohnt sich. Denn in der Summe erreicht man eine ganze Menge. Was kann ein einzelner ausrichten? Das fragen sich 80 Millionen - allein in Deutschland. Würde man im Jahr nur 1kg Müll einsparen von den durchschnittlichen 626kg pro Verbraucher, dann wären das schon mal 80 Millionen kg Abfall im Jahr weniger. 80 Millionen kg, die nicht produziert werden müssten. Und es sind weit mehr drin als nur 1kg im Jahr und das ohne sich kasteien zu müssen.
Man muss also nicht perfekt sein, um Zero Waste in seinem Leben umzusetzen.
Ganz ehrlich: Perfekt sein, kann man auch gar nicht. Der Perfekt ist irgendeinem Kritiker dann wieder zu aalglatt und perfekt, so dass man gleich wieder unperfekt ist.
Es ist also Quatsch nach Perfektionismus zu streben, aber es ist gut zu erkennen, wenn wir fünf vor zwölf haben.
Der Earthovershootday, also der Tag, an dem wir unsere Ressourcen für das ganze Jahr aufgebraucht haben, ist weltweit schon nach sieben Monaten aufgebraucht. Und warum verbrauchen wir so viel? Weil wir es können! Wir können mehr CO2 in die Atmosphäre ausstoßen als unsere Ozeane und Wälder absorbieren, es ist möglich schneller zu fischen, als sich die Fischbestände erholen, und wir fällen Bäume schlichtweg schneller als sie nachwachsen. Wir nehmen einen Kredit für unsere nachfolgenden Generationen auf und unsere Kinder und ungeborenen Enkel werden nicht gefragt, ob ihnen das recht ist. Keiner verbietet uns das. Stellt Euch vor, Ihr geht zu einer Bank und wollt Kredit, den Eure noch nicht geborenen Enkel, die vielleicht sogar gar nicht geboren werden, abbezahlen sollen! Die Bank würde uns einen Vogel zeigen, für irre erklären und ihn schlichtweg nicht genehmigen. Doch auf unserer Erde sind wir die Banker selbst. Wir können selber entscheiden, ob wir uns den Kredit geben oder uns einen Vogel zeigen.
Immerhin haben wir ein eklatantes Artensterben, weil wir ausbeuterisch wirtschaften und es nicht verstanden haben, dass wir z.B. Bestäuber wie Hummeln andere unterschätzte und teils unbekannte Wildbienenarten brauchen, um unsere Ernährung zu sichern.
Wir können nicht über die Maßen Glyphosat auf unsere Felder und schicke Kiesgärten kippen, nur um uns Mühe und Kosten zu sparen (Unkrautjäten, Stikkation). Und wir können auch nicht einfach Glyphosat verbieten und stattdessen auf Alternativen setzen, die noch weniger erforscht und potentiell genauso schädlich oder schädlicher sind. Wir müssen einfach komplett umdenken, damit wir in Kreisläufen wirtschaften können. Und dafür gibt es Lösungen.
Das fängt schon vor der Haustüre an. Ein minimalistischer Garten aus Schotter und grünem Rasen ohne Blüten und Lebensraum für Tiere ist nicht Zero Waste.
Ein Zero Waste Garten müsste eigentlich total unperfekt sein in den Augen von irgendwelchen Stylefetischisten. Vermutlich findet man in einem Zero Waste Garten viel Unkraut, viele Blüten, abgefressene Blätter, Insekten, Vögel, Laub- und Reisighaufen, einen Tümpel und Kompost mit Blingschleichen, Würmern, Schnecken und Kellerasseln, abgestorbenes Pflanzenmaterial, das einfach unordentlich auf den Beeten liegt als Mulchmaterial, das düngt, das Bodenleben erhält und weniger Gießen nötig macht, usw.
Ein Zero Waster wird seinen Garten nicht mit Giften in Stand halten, sondern versuchen mit! der Natur statt gegen sie zu arbeiten. Das geht eher in Richtung Naturgarten, Hortus (was das ist findet ihr unter www.hortus-insectorum.de), Perma- oder "Verwahrlosungs"-kultur.
Aber wie wird das ein Zero Waster darstellen
so oder so?
Klar, schmeicheln die schönen Blüten eher dem Auge und kommen besser an. Da schneidet natürlich die Kürbispflanze, die mit ungewaschener Schafwolle vor Schnecken und Austrocknung geschützt wird und gleichzeitig mit der Zeit düngt, schlechter ab.
Noch ein Beispiel:
Was kommt besser an: ein Kleid, das liebevoll mit kleinen Applikationen geflickt wurde

oder der Anhänger mit dem geflickten Fliegennetz.

Es ist einfach eine Sache der Darstellung, geschicktes Marketing sozusagen.
Natürlich ist es ehrlicher alles zu zeigen. Aber dabei muss man auf die Dosis aufpassen. Das ist wie im richtigen Leben: Passiert und sieht man zu viel schlechtes, zieht das einen runter, die Stimmung wird schlecht und man wird traurig. Stattdessen motiviert es mehr Lösungsansätze zu sehen.
Wir leben wie die Made im Speck und können alles machen. Kommt dann aber eine Bank als Spielverderber daher, um bei diesem Sinnbild zu bleiben, ist der Spaß vorbei. Nicht so schlimm wäre es aber, wenn die Bank einem zeigt, dass man zwar nicht alles machen kann, dafür aber das Richtige.
In diesem Sinne: Ihr habt die Wahl und wenn Ihr wollt sogar die Bessere!